Unterstützung von Frauen und ihren Familien bei fortgeschrittenem Brustkrebs

Frau Prof. Dr. Rita Süssmuth, Bundestagspräsidentin a.D., stellt das Projekt vor (Auszug aus dem Vorwort des Bürgergutachtens „Unterstützung von Frauen und ihren Familien bei fortgeschrittenem Brustkrebs“):

In den letzten drei Jahrzehnten hat sich die Anzahl der Brustkrebsdiagnosen verdoppelt und laut Statistik erkrankt in Deutschland sogar etwa jede siebte Frau im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Aufgrund solcher Zahlen gilt Brustkrebs inzwischen bereits als eine Art Volkskrankheit und die Beeinträchtigung der Gesellschaft hierdurch ist nur schwer zu bestreiten. Eine ernste Erkrankung von großem Ausmaß und Bedeutung für die Gesellschaft also, trotz allem können Betreuung und Versorgung von Brustkrebspatientinnen bei kritischer Betrachtung des Ist-Zustandes immer noch als eminent verbesserungswürdig eingestuft werden.

Einen Wandel in der Betreuung und Versorgung von Brustkrebspatientinnen im Gesundheitswesen einzuleiten, bedeutet auch, den Ist-Zustand in seiner Gesamtheit zu erfassen, zu hinterfragen und mit potenziellen Ideen zur Verbesserung zu begegnen. Zur Einordnung von all dem sind Wissen und Erfahrung notwendig. Doch solch fachliche Expertise bleibt wirkungslos, wenn sie den Menschen nicht verständlich gemacht wird. Erst wenn sich die Menschen über die momentanen Gegebenheiten und Möglichkeiten informiert und das damit einhergehende Wissen zu Eigen gemacht haben, kann ein gesellschaftliches Vorhaben wie dieses erfolgreich sein. Das sind die Voraussetzungen für wirkungsvolles Handeln.

Die hohe Dichte an Brustzentren in Deutschland erzeugt den Eindruck einer umfassenden Betreuung und Versorgung der Betroffenen. Dabei wird nicht selten außer Acht gelassen, dass Gesundheit nicht nur körperlicher, sondern auch seelischer Natur sein kann und die Krankheit eines Einzelnen, insbesondere einer Mutter, ganze Familien in mannigfaltiger Weise beeinflusst.

Verständnis und eine gezielte Unterstützung von außen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebensformen sind lebenswichtig. Annahme, Förderung und Akzeptanz veränderter Behandlungsweisen wie auch hilfreiche Unterstützungsangebote bedürfen einer gesamtgesellschaftlichen Vermittlung. Innovative Versorgung und situativ stimmige Betreuung erfordern politische und soziale Einsicht der Bürgerinnen und Bürger als Träger der Gesellschaft. Nur wenn Sie aus eigener Einsicht und Verständnis für die Mutter, Tochter, Schwester, Frau, Freundin oder Bekannte als Patientin einzutreten bereit sind, kann das Ziel einer optimierten Betreuung und Versorgung erreicht werden.
Die Bürgerinnen und Bürger haben die Notwendigkeit erweiterter Konzepte im Gesundheitswesen erkannt. Sie fordern im Umgang mit Gesundheit, Transparenz und Vielfalt in den Behandlungsformen.

Sie wollen sich selbst engagieren und sich als kritische und selbstbewusste Partner im gesellschaftlichen Diskurs beweisen. Hierin zeigen sie sich als Mitgestalter und Träger eines gesellschaftlichen Bewusstseins für gesundheitspolitische Fragen.

Lange wurde Bürgerbeteiligung kritisch und misstrauisch von der Politik beäugt, doch politischer Pro-zess sollte nicht Parteiensache, sondern Gesellschaftssache sein. Bürgerbeteiligungsverfahren können, wie sich inzwischen zunehmend zeigt, einen konstruktiven Beitrag zur politischen Entscheidungsfindung darstellen. Die Zusammenarbeit von Betroffenen, fachkundigen Experten*innen aus dem Gesundheitswesen sowie Bürger*innen als Träger*innen der Gesellschaft in einem partizipativen Verfahren ermöglichen noch zielgerichteter eine faire, offene und umsichtige Weiterentwicklung unserer Gemeinschaft.

Gutachten: Brustkrebs.pdf

Projektdetails

Laufzeit: 08/2015 – 12/2016

Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. Hans J. Lietzmann

Projektleitung: Mark Schwalm

Mitarbeiter: Christophe Kaucke, Natalie Hoost